Fall Gurki aufgelöst

Frau erschaudert beim Spaziergang mit Hund! Heimliches Begräbnis im Wald! Die Schlagzeilen in den Medien überschlugen sich, bis hin zu frei erfundenen Fantasie-Storys zu bester „Saure-Gurken-Zeit“. Die Top-Meldung lautet: „Mann bestattet Gewürzgurke“. Nun ist der Fall „Gurki“ aufgeklärt.

Alles erwies sich als Schülerscherz, und Patrick Bergmann von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Offenburg legte den jungen „Bestattern“ ans Herz: „Wenn ihr wieder eine kreative Idee habt, dann überlegt sorgsam, ob sie anderen Menschen nicht Angst und Schrecken einjagt“. Doch alles schön der Reihe nach: Was war geschehen? Die Meldung von der höchst seltsamen Beisetzung einer Gurke nachts in einem Wald bei Achern geisterte rasend schnell durch den bundesdeutschen Blätterwald, auch im Radio und sogar im Fernsehen wurde von der „heimlichen Bestattung einer verschimmelten Gewürzgurke“ berichtet.

Auch in der Region verbreitete sich die bis dato unaufgeklärte, aber heiß diskutierte und höchst merkwürdige Bestattung in Windeseile. Nach einer Polizeimeldung hatte eine Frau am Donnerstag, 9. Juni, kurz vor 21 Uhr die Polizei alarmiert, nachdem sie einen älteren Mann beobachtete, wie der offensichtlich etwas zwischen Bäumen vergrub und sich dann wieder entfernte. Die Frau wählte den Notruf, denn sie erschauderte vor dem, was sie sah: Ein kleines Grab mit einem Holzkreuz. Nach dem Absetzen des Notrufs geschah das, was in solchen Fällen immer geschieht: Die Polizei kümmert sich um die Angelegenheit und schickt eine Streife an Ort und Stelle, so Patrick Bergmann. Die Polizisten inspizierten den Tatort, exhumierten und öffneten behutsam eine kleine Holzkiste – und trauten ihren Augen nicht. Denn darin lag eine kleine, verschimmelte Gurke. Die Polizisten entsorgten das dahingeschiedene Gemüse und setzten ihre Streife fort.

„Waldkinder“ hatten die Idee

Exakt eine Woche nach jenem unfassbaren Geschehen und just zur gleichen Zeit machte sich ein Schar fröhlicher und putzmunterer Schüler mit jeder Menge sprühender Ideen im Kopf vom Tagesheim der Heimschule Lender in Sasbach auf den Weg in Richtung Illenauer Wald, vorne weg der neunjährige Leander aus Obersasbach mit einem Riesenglas richtig leckerer Gurken in der Hand. „Wir sind die Waldkinder, die jeden Donnerstag zum Spielen in den Wald gehen“, berichteten die Erzieherinnen Christiane Schnurr und Sabine Zink, die auch an besagtem Donnerstag dabei waren und sich den Medienrummel eigentlich nicht wirklich erklären können. Offensichtlich wurde aus einer regionalen Polizeimeldung eine Nachrichtenagentur-Meldung, und die verbreitete sich ruckzuck, selbst in Journals, Online-Ausgaben und in großen Zeitungen bis nach Berlin war die Meldung mehr oder weniger spektakulär aufgemotzt mit dem „Symbolbild“ einer Gurke zu lesen.

In Wirklichkeit war es ein Gürklein, und die fristete mutterseelenallein ein trauriges Dasein in einem großen Glas im Tagesheim der Schule. Wie die Seifenlauge in das Glas mit der Gurke kam und diese etwas mumifizierte, war wahrscheinlich das Resultat eines Streiches, genaueres war im Kreis der jungen Gurkenexperten nicht zu ermitteln. Jedenfalls sollte die letzte, leicht angebissene Gurke eine würdige Entsorgung erhalten, und dazu hatte Leander eine Blitzidee: „Ich wollte sie im Wald begraben, einfach so, und dann kam eben die Beerdigung zustande“. Philipp, Jannik, Maurice waren hell begeistern und halfen mit, die Idee auszubauen. Auch die anderen „Waldkinder“ waren Feuer und Flamme. „Wir sind halt Jungs, wenn einer eine Idee für Blödsinn hat, dann machen alle mit“, berichtete Maurice.

Gesagt, getan. Leander baute die Holzkiste, andere fertigten ein kleines Kreuz und ritzten als Innschrift ein: „Gurke Gurki vom 2.6. bis 9.6.2016“. Nach einem lustigen Trauerzug inklusive fachgerechter Bestattung wurde „Gurki“ unter die Erde gebracht. Und dann entwickelte sich etwas, womit keiner der jungen Experten in Sachen „Blödsinn“ rechnete. Den guten Rat von Polizist Patrick Bergmann wollen sie natürlich beherzigen, zumal wieder viele kreative Ideen in den Köpfen der „Gurkenkinder“ herum schwirren.

Quelle: Acher- und Bühler Bote